Jede Moderne bringt Überforderungen mit sich.
Das Vergnügen geht immer weiter.
Von Nervenzusammenbruch zu Nervenzusammenbruch hangelt
sich die Menschheit in jede neue Zeit.
- und lernt nie
Jede Moderne bringt Überforderungen mit sich.
Das Vergnügen geht immer weiter.
Von Nervenzusammenbruch zu Nervenzusammenbruch hangelt
sich die Menschheit in jede neue Zeit.
- und lernt nie
TIME SHIFTING
The parents said follow your heart.
The teachers said follow your heart.
The beloved said follow your heart.
Follow your heart.
An endless download life.
Few times exchanged with beta endorphins.
Between your ribs hordes of echoes.
Nice voices.
But not yours.
PROCESSOR CAMPING
A filter bubble?
Wow! Only a modular life system.
It's only cold foam.
Makes back pain.
A powerful aphrodisiac?
Nope. A body therapy.
A vanity table?
Yeah!
With a lack of degrees.
Mental cross kissings.
And menu driven high stress.
WORLD CLASS
In the times of bites and bytes.
Men are dancing.
They raise their pitchers.
Full of wine.
They drink each season nicely.
They do not know your name.
Only your value.
And that of your wife.
And that of your children.
There is nothing higher for them.
AMNIOCENTESIS
Label hopping on rainy afternoons.
Sales girls with polished nails.
It's prime time to learn to say 'I.
A purchase voyeur.
A fashion landscaper.
Inside you.
Dress for success.
Your advance ticket.
Real god dope
A body wrap.
NETWORKING
Between withered flowers.
Kids sprinkle gold on your grave.
The kids look especially user friendly.
Mothers hug them like stuffed animals.
A life from bet to bet.
Money made to cash.
Now you are nothing more than a whole.
Coming clean.
This is your first honest exam.
Eine Auftragsarbeit für meinen Kumpel Uwe für das Tissue Magazin 2019. Ich sollte etwas zu einem Vintage Buch "The Yuppie Handbook - The State of the Art Manual for Young Urban Professionals" schreiben. Uwe bestellte einen Wortsalat. Er bekam einen Wortsalat. Leider weiß ich nicht mehr, wo mein deutscher Text ist. Ich glaube, das Magazin erschien dann im Herbst 20219. Ich sollte sorgfältiger sein.
KI-Inzucht: Sitze in der U-Bahn und lausche einem Telefongespräch. Keine Chance, dem informativen Schall zu entkommen. Ein junger Mann mit der Trucker-Frisur aus den 80er-Jahren gibt am Handy Tipps. „Achte auf Gedankenstriche, die musst du alle streichen, wenn nicht, dann wissen alle, dass es ein KI-Text ist.“
Bei seinen Worten musste ich an eine Projektmanagerin denken, die immer wollte, dass ich in ihren Texten mehr Gedankenstriche unterbringe.
Zu meiner Verwunderung glaubte sie tatsächlich, es würde den Text klüger machen. Ich tat ihr den Gefallen. Sie war zufrieden. Das war lange vor KI. Damals wurden Gedankenstriche gerne als Stilmittel genutzt, um Tiefsinn vorzutäuschen.
Die vielen Gedankenstriche entstehen, weil KIs vermehrt Daten nutzen, die von anderen KIs erstellt worden sind. Und weil es immer mehr KI-Daten gibt, kommt es häufiger zu Verzerrungen und Fehlern.
Habsburg-Effekt nennt sich diese KI-Inzucht, benannt nach dem österreichischen Adelshaus, das gerne innerhalb der Familie Ehen schloss. Sichtbare Folgen der Verwandtenehen waren die „Habsburger-Lippe“ oder der „Habsburger-Kiefer“. Bei der KI-Inzucht sind es wohl die Gedankenstriche.
Bei den Habsburgern soll die Fortpflanzung im eigenen Genpool mit ein Grund für ihren Niedergang gewesen sein. Karl II., der letzte Habsburger Herrscher über Spanien, war dazu auch noch geistig und körperlich behindert, ebenfalls eine Folge der Inzucht. Sein Verhalten soll laut Wikipedia von „Infantilismus und Geistesschwäche geprägt“ gewesen sein.
Blüht der KI-Familie jetzt das gleiche Schicksal wie den Habsburgern? Werden die Bot-Antworten dümmer? Ist das Modell vom betreuten Denken jetzt schon am Ende, bevor es richtig losgeht?
Die U-Bahn hält. Oben an der frischen Luft angekommen, muss ich zugeben, dass die Datenverengung die KIs immerhin etwas menschlicher macht. Sie schreibt einfach von anderen KI generierten Inhalten ab. Ob es Dummheit, Faulheit, Ressourcenmangel oder Verachtung ist, werde ich vielleicht nie erfahren.
Um ein Kind großzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf. Wenn Eltern und Dorf nicht weiterwissen, was die Göre hat, kommt es in der Netflix-Serie Wayward nach Tall Pines. Hier in der Erziehungsanstalt wird es mit fragwürdigen Therapien "gesund" gequält. Toni Colette als grausame Anstaltsleiterin macht mir Angst. Ein Esoterikmonster im Hippielook. Nach dieser Serie mach ich einen großen Bogen um jeden Treehugger und Kohleläufer.
Und dann?
Und dann?
Stehe vor dem Chipsregal im Supermarkt.Aus Neugier lese ich die Verpackungstexte. Schöne Marketingprosa.
Als ich mich umdrehe, fällt mir das Zeitschriftenregal auf. Es ist geschrumpft. Links rücken die Snacks den Tageszeitungen auf die Pelle, und von rechts kommen die Schaumweine den TV-Zeitschriften bedrohlich nahe. In der Mitte lächeln mich fatalistisch die Lifestylemagazine an.
Das Print-Sortiment wirkt auf mich wie Schüler, die beim Auslosen von Mannschaften im Sportunterricht übrig geblieben sind. Ich weiß, wovon ich rede, ich wurde auch immer als Letzter bei den Teams ausgewählt. Dick, Pott-Haarschnitt und uncoole Klamotten. Eine evolutionäre Resterampe, so würde ich mein Schüler-ich von damals heute beschreiben.
Die Menschen snacken wohl mehr, als dass sie lesen, denke ich. Meine griffbereite KI bestätigt meinen Verdacht. Tatsächlich snacken die Leute immer mehr und lesen weniger. Laut Statistischem Bundesamt verbringen Menschen heute im Schnitt etwa 27 Minuten am Tag mit Buchstaben. Vor ein paar Jahren waren es noch ein paar Minuten mehr. Und die Deutschen werden immer dicker, sagt die KI.
Oje, manchmal hasse ich mich dafür, KIs zu befragen. Daraus einen Zusammenhang herzuleiten, wäre natürlich Quatsch. Zum Abschied blättere ich noch durch ein paar Hefte. Ob Magazine und Zeitungen den Darwin-Überlebens-Award gewinnen werden, bezweifle ich in diesem Moment.
An Plätzen mit einer schönen Aussicht stehen oft Bänke, die von freundlichen Menschen gestiftet worden sind, um hier auszuruhen. Manchmal sind dort kleine Schilder mit den Namen der Gönner angebracht. Meistens sind es Apotheken oder Vereine. Aber auf Borkum fand ich eine Bank mit einer Widmung: Gudruns Lieblingsplatz. Eine Erinnerung. Als ich das las und auf den Horizont blickte, hätte ich mich gern mit ihr unterhalten. Ein schöner Ort.
War heute länger in der Mittagspause. Mein Irgendwas-mit-Medien-Job konnte ich auch vom iPhone aus im Flaniermodus erledigen. Ich wollte in meiner Hood das Stadtbild aufrüschen. Alt, Fast-Boomer, männlich und halbgelb. Hat keinen gestört. In den 80er-Jahren bin ich mal den HSV-Ultras in einem Fußgängertunnel begegnet. Mit Fußtritten und Deutschland-den-Deutschen-Gegröle machten sie mir herzlich klar, dass ich in ihr Stadtbild nicht passe. Frage mich: Ab wann gehört man in Deutschland zum Stadtbild dazu? Und bin ich für Biodeutsche, der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, wenn ich ihnen auf dem Bürgersteig entgegenkomme? Seltsame Fragen sind das, die ich mir in letzter Zeit stelle. Sie hören nicht auf.
Festgestellt, dass ich gerne Klassiker lese. Bei den Neuerscheinungen stehe ich in der Buchhandlung immer etwas ratlos rum, als würde ich auf den Bus warten. Aufkleber mit "Spiegel Bestseller" schrecken mich ab, ist natürlich vollkommen doof, aber es fühlt sich bei mir an wie die Rauchen-schadet-Ihre-Gesundheit-Warnungen auf Zigarettenschachteln.
"Es bleibt festzuhalten, dass der Feminismus heute gespalten ist in einen tendenziell linken, intellektuellen Feminismus auf der einen Seite, der Hashtag-Aktionen wie #aufschrei(2013) oder #metoo (2017) initiiert hat, und einen ›Popfe-minismus‹ auf der anderen Seite, der sich gezielt vor allem mit Bildpolitik beschäftigt, um Sichtbarkeit kämpft und mit Bildern gegen Geschlechterkonventionen anzugehen ver-sucht. Zwar kommt es insbesondere im Social Web auch zu Überschneidungen, doch scheinen die beiden Pole stabil zu sein. Wegen dieser Spaltung und der Verachtung von Kon-sum- und Bildwelten haben es viele Feminist*innen verpasst, starke Gegenbilder zu schaffen. Und während beispielsweise durch Make-up und Mode immer wieder versucht wurde, Stärke auszudrücken, gab es aus den eigenen weiblichen Reihen keine Anerkennung für derartige Strategien.Viele Frauen weigern sich sogar dezidiert, starke weibliche Bilder zu entwickeln, und fordern im Gegenteil ein Bildverbot."
Im Wald. In den Blättern wohnt noch die Kühle. Hinter drei Kurven. Ein Hund. Er bellt den Morgen an. Vom Besitzer keine Spur. Eine Stimme ruft: „Komm her!“ Sie klingt weit. Zu weit für mein Gefühl. Nichts fürchte ich mehr als herrenlose Hunde. Das Tier ignoriert die Rufe. Dankbar, dass es nicht über meine Waden herfällt, laufe ich weiter. Die Schritte verhallen. Das Augustgrün verschluckt mich. In der nächsten Kurve bin ich weg.
An diesem Morgen fühle ich mich wie ein Bierlaster auf platten Reifen. In wenigen Wochen werde ich 60 und ich vermisse mein altes Läuferleben. Gern würde ich wieder morgens um halb fünf aus dem Bett springen, mir einen Kaffee reinziehen, meine Laufklamotten überwerfen und vor der Arbeit locker zweimal um die Alster laufen. Wenn ich heute in meine Joggingschuhe schlüpfe, brauchen meine Knochen ein intensives Warmmachen. Seit drei Jahren geht das schon so. Nach einer Oslo-Reise bekam ich eine Gelenkentzündung in meinem Knie. Eine Kniearthrose, die ich vorher kaum spürte, wurde jetzt mein neuer Partner. Das Treppenheruntersteigen wurde zur Qual. Doktor Google und Doc ChatGPT bescheinigten mir, dass ich im Eimer bin. Nie wieder laufen lautete ihr Urteil. Innerlich stellte ich mich schon aufs Rennradfahren ein und dachte über einen Umzug in eine altengerechte Wohnung nach. Meine Orthopädin und mein Physio erhoben Einspruch gegen die Ärzte aus dem Silicon Valley. Sie empfahlen mir, meine Mobilität und Stabilität weiter zu verbessern. Seitdem hat sich unser Esszimmer in ein Turnzimmer verwandelt. Hanteln, Yogamatten, Gymnastikbänder, Wackelbrett und ein übergroßer blauer Fitnessball sind jetzt unsere Stammgäste. Wann das Bücherregal einer Sprossenwand weichen muss, ist nur noch eine Frage der Zeit. Die Übungen zeigen Wirkung. Ich bin wieder unterwegs. Viel langsamer als früher, aber ich komme voran.
In meinem Atem mischt sich ein fremdes Schnaufen. Links überholt mich ein Läufer. Ganz in Schwarz gekleidet, mit verspiegelter Laufbrille und Kopfhörern. Im Kampfpilotenmodus jagt er an mir vorbei. Früher war ich auch so drauf....
Neugierig wie es weitergeht? Den kompletten Text gibt es hier. Viel Spaß.
Mitten im Meer. Ich schwimme schon eine Weile. Die Glieder werden schwächer. Die Tiefe zieht mich weiter runter. Plötzlich tauchen vor mir zwei Inseln auf. Meine Kraft reicht nur für eine Insel. Ich muss mich entscheiden. Die eine Insel wird bevölkert von: Luke Mockridge, Juli Zeh, Veronica Ferres, Jonathan Meese, Heinz Strunk, Tocotronic, Jan Böhmermann, Palina Rojinski, Mickey Beisenherz, Heike Makatsch, The Boss Hoss, Barbara Schöneberger, Ulf Poschardt, Lars Eidinger, Tokyo Hotel, Ildikó von Kürthy, Thomas Müller, Shirin David, Markus Lanz, Charlotte Roche und 37 fluffige Labradorwelpen. Auf der anderen Insel wohnt Jane Austen mit ihrer Familie. Für einen Moment lasse ich mich treiben. Ich schwimme zu den Austens. Warum? Schau dir Miss Austen an, dann verstehst du mich.
"Man war früher tot. Bevor man gelebt hat, war man ja auch letztlich tot, und man ist nachher wieder tot. Das ist nichts Schreckliches. Das hat für mich keinen Schrecken"
Der österreichische Autor und Publizist Niki Glattauer ist tot. Er hat den Schritt, den er in mehreren Gesprächen offen angekündigt hatte, vollzogen: den assistierten Suizid – aus freien Stücken, im Wissen um seine unheilbare Krebserkrankung. Im Interview mit dem "Falter" erzählte er warum.
Ein Junitag im Jahre 1923. Ein einziger geschäftiger Tag im Leben von Clarissa Dalloway, unterbrochen nur von den Schlägen des Big Ben.
Beim traditionellen Katajjaq, auch bekannt als Inuit-Kehlkopfgesang, stehen sich zwei Frauen gegenüber und führen ein Duett auf. Ein musikalischer Wettstreit. Sie singen rhythmisch und versuchen gleichzeitig zu gewinnen. Schönes Video - Lust auf Schnee.
Lesen. Lachen. Leisten.
Lesen. Lachen. Leisten.
Lesen. Lachen. Leisten.
Lesen. Lachen. Leisten.
Lesen. Lachen. Leisten.
Lesen. Lachen. Leisten.
Plakat an der Katholischen Schule am Weiher in Hamburg
"Fuck. Motherfucker. Wo bleibt das Essen Chef?! Fuck! Die Bitches von Tisch 10 wollen zahlen. Fuck."
The Bear - Season 1: 403 Fucks. Season 2: 578 Fucks. Season 3: 356 Fuck. New Season 4.
I know so many people who think they can do it alone
Paul Valery speaks of the "une Ligne donnee" of a poem. One line is given to the poet by God or by nature, the rest he has to discover for himself.
Im Flur von Franz Escher liegt ein toter Elektriker. Stromschlag. Er möchte nichts falsch machen und liest erst einmal ein Buch über einen Mafia-Kronzeugen, der im Gefängnis sitzt und ein Buch über einen Mann liest, in dessen Flur ein toter Elektriker liegt. Noch Fragen?
Hören und treiben lassen. Hat mir meine monatliche Buchhaltung erleichtert. Es gibt ein Leben da draußen. Groovt. Playlist on Youtube. Listen.
In meiner Kurzgeschichte Blütenseelen ging es oft um Tee. Aber wie macht der normale Durschnittsteebeutelnutzer den perfekten Tee? George Orwell (1984) hat dazu einen kleinen Essay verfasst.
"Some people would answer that they don’t like tea in itself, that they only drink it in order to be warmed and stimulated, and they need sugar to take the taste away. To those misguided people I would say: Try drinking tea without sugar for, say, a fortnight and it is very unlikely that you will ever want to ruin your tea by sweetening it again."
Meine Geliebte Lok Yee,
wie gerne würde ich aus der Ferne zuschauen, wie du deine Haare hochsteckst. Besonders, wenn du versuchst, deine Nackenhaare zu bändigen. Ich vermisse dich sehr. Entschuldige meinen späten Brief. Jetzt erst habe ich Zeit gefunden, dir zu schreiben. Die Flüge waren anstrengend. Alles war neu für mich. Im Flugzeug habe ich Trottel, alles falsch gemacht. Herr Lam hat seine Zusagen eingehalten. Es gab keine Probleme mit meinen Papieren. Er hat ein gutes Verhältnis zu den Beamten und kennt viele persönlich. Die Rezepte sind einfach, ich habe sie schnell gelernt. Die Deutschen haben keine großen Ansprüche. Herr Lam sagt, sie wüssten nicht, dass Essen für uns Chinesen der Himmel ist. Er behauptet, dass sie keine Ahnung haben. Sie könnten keinen Fisch, kein Gemüse, Schwein oder Ente zubereiten. Ich soll nur darauf achten, dass die Portionen groß sind, dann gebe es keine Probleme. Die indonesischen Hilfsköche sind freundlich und sprechen Kantonesisch. Die Kellner kommen auch aus Hongkong. Wir verstehen uns alle sehr gut. Die Stadt habe ich noch nicht angeschaut. Von den Menschen hier bekomme ich nichts mit. Vor meiner Abreise hattest du meine Hemden mit deinem Parfüm eingesprüht. Ein Hemd habe ich noch nicht getragen. Bevor ich anfange zu arbeiten, schnupper ich immer dran. So bist du in meiner Nähe. In ein paar Wochen sehen wir uns wieder. Das Geld für das Ticket bringt der Cousin von Herr Lam vorbei. War er schon da? Er kümmert sich um alle Formalitäten und bringt dich auch zum Flughafen. Du kannst ihm vertrauen. Mach dir keine Sorgen. Seine Familie lebt hier auch. Schick mir ein Telegramm, bevor du abfliegst. Ich will alles vorbereiten. Wenn du kommst, mache ich dir Meeresforelle nach Chaozhou-Art. Die magst du doch so gern. Kannst du bitte Salzpflaumen aus Tantes Yan Ting Laden mitbringen, hier bekomme ich sie nicht. Ihre Schatzkammer fehlt mir. Ich muss hier alles bestellen. Es dauert ewig, bis etwas geliefert wird. Bitte vergiss nicht, das Grab meiner Eltern zu besuchen, bevor du abreist. Stelle eine Schale Reis und Reisschnaps für mich hin. Hier wird es uns besser gehen. Ich kann es kaum erwarten, dich zu sehen.
Dein liebender Mann
Yun Chi
Kirschblütenblätter landen auf dem Wasser. Sie drängeln sich um das Schilf. Sie wollen ans Ufer, zurück auf die Bäume in den Frühling. „Wer hätte gedacht, dass diese Skelette jedes Jahr wieder erblühen. Meine kleinen Blütenseelen, wie ich euch vermisst habe“, murmelt Lok Yee. Sie hält sich an ihrem Teebecher fest und schaut auf ihren Teich. Becherwärme fließt durch ihre Finger. Gut gegen Gicht. Gut gegen das kalte Land. Ihr halbes Leben hat sie hier verbracht, aber an das Wetter kann sie sich nicht gewöhnen. Selbst der Mai ist hier ein Schattenmonat, dagegen ist die Rückseite des Mondes ein Paradies, denkt sie. Davon hatte Yun Chi in seinem Brief nichts geschrieben. Sie waren frisch verheiratet und schon getrennt. Es war ein dünner hellblauer Brief mit einem blau-rot gestreiften Rand. Auf den Briefmarken war ein weißer Vogel, der aus vielen kleinen weißen Vögeln bestand. Yun Chis Schrift schimmerte durch den Umschlag. Elf Tage hatte der Luftpostbrief gebraucht. Er verschwieg ihr auch, dass er sein Zimmer mit den Köchen teilen musste und dass Herr Lam zwei Gehälter einbehielt, weil er Unkosten hatte. Von der vielen Arbeit erfuhr Lok Yee nichts. Er schuftet rund um die Uhr, weil er viele Zutaten, die er nicht bekam, selbst herstellen musste oder in Herrn Lams anderen Chinarestaurant als Koch einsprang. An solchen Tagen blieb sein Bett kalt. Schlafengehen lohnte sich nicht, weil er gleich wieder aufstehen musste. Er legte sich dann Pappen vor den Herd in der Küche und schlief dort ein wenig....
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Schlenderte meinen Gedanken hinterher
Das Wort Ruinenempfindsamkeit bremste mich
Zwei Männer gingen an mir vorbei
Sehr schnell und sehr laut
Informativer Schall
Als wollten sie sich immerzu selber überholen
Manchmal blieben sie kurz stehen
und zeigten auf die schönen Häuser
Sie tauften alle auf den Namen Kapitalanlage
Den Häusern und mir war es egal
es gab kein Echo
Dieser Text erschien auf meinen alten Blog Photo Ranch am 19. November 2011
Überall Bedeutung. Überall Versprechen. Überall Ewigkeiten. Ein Konfettiregen aus Fotos und Videos rieselt auf mich ein. Ich hocke am Pariser Flughafen und vertreibe mir die Zeit bis zu meinem Abflug auf Instagram, LinkedIn und TikTok. Kein Bild behalte ich in meiner Erinnerung. Das Auffegen geht immer schneller. Zwischen jetzt und gleich bleiben mir ein paar Minuten. In solchen Momenten google ich Dinge, die mich interessieren. Der Bundestagswahlkampf hat mich erfasst. Meine Neugier trifft Friedrich Merz. Laut Umfragen wird er der neue Kanzler. Es wird Zeit, ihn besser kennenzulernen. Ich überfliege die Suchergebnisse. In meinem ersten Berufsleben war ich Fotoredakteur. Längst vergessene Instinkte melden sich zurück. Ich mache eine Google-Bildersuche: Merz beim Wandern, mit seiner Frau Charlotte, im Bundestag, im Büro, mit Persönlichkeiten, in Meetings oder als Pilot im eigenen Flugzeug. Wenig Privates wird mir angezeigt. Bis auf ein Bild. Gerne würde ich es mir näher anschauen, aber mein Flug wird aufgerufen. Ein Screenshot für später muss reichen. Meine Recherche verschwindet mit dem Flugmodus aus meinem Sinn. Der Wahlsonntag rückt näher. Ich sitze am Schreibtisch und überlege, was ich hier auf Ponysülze schreiben kann. Mir schwebt eine Kurzgeschichte über einen Karpfen und eine alte Frau vor. Weit komme ich nicht. Gelangweilt von meinen eigenen Worten, greife ich zum Handy und flippe durch meine Fotoalben. Der Merz-Screenshot aus Paris taucht wieder auf. Ich ziehe das Foto groß. Damals in den Redaktionen betrachtete ich mit der Lupe minutenlang Bilder. Mein Interesse galt Motiven, die viel Privates preisgaben. Ich hoffte, hier Heiligkeit zu finden. Heiligkeit versteckt sich nicht nur in Bildern, sie zeigt sich auch im echten Leben. Es ist ein Gefühl. Eine Entselbstung. Sie erfasst mich an windigen Ecken. Ein hysterisches Lachen aus einem Küchenfenster kann sie haben. In der Schule lenkte sie mich häufig ab. Auf einem gefrorenen Acker habe ich sie schon gefunden. Eine tanzende Haarlocke hinter einem Ohr besitzt sie. Bei meinen Dauerläufen im Regen hilft sie mir. In einem Nebensatz kann sie unvermittelt auftauchen. Hinter beschlagenen Fenstern ist sie sicher zu finden. Gestraffte Falten können sie vortäuschen. Jeden Pixel nehme ich mir vor. Vielleicht komme ich der Heiligkeit im Merz-Foto auf die Spur, wenn ich mir vorstelle, wie das Bild mit Merz entstanden sein könnte. Meine Gedanken verselbstständigen sich wie eine Herde, die aus meinem Herzen ausgebrochen ist und jetzt mein Hirn überrennt. Mein Kopfkino beginnt......
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"Die Schwägerin einer meiner Freundinnen hat neuerdings in ihrer Wohnung ein Telefon! Sie kann bei einem Lieferanten etwas bestellen,...